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Vorurteile

‘Kein Dach über dem Leben‘ von Richard Brox hat mich berührt, wie schon lange kein Buch mehr. Es ist ein wahrer Augenöffner. Diese Lektüre bietet einen Einblick ins Leben von Obdachlosen. Ein Thema, von dem die meisten von uns keine Ahnung haben. Wir wissen nicht, wie es sich anfühlt auf der Straße zu leben. Was viele von uns gemein haben, sind die Vorurteile.
Vorurteile loswerden

„Now I’m not looking for absolution

Forgiveness for the things I do

But before you come to any conclusions

Try walking in my shoes“

Depeche Mode – Walking in my shoes

Heute geht es nicht um Zeitmanagement oder Produktivität. Ich möchte mir dir ein persönliche Erkenntnis teilen.

‘Kein Dach über dem Leben‘ von Richard Brox hat mich berührt, wie schon lange kein Buch mehr. Es ist ein wahrer Augenöffner. Diese Lektüre bietet einen Einblick ins Leben von Obdachlosen. Ein Thema, von dem die meisten von uns keine Ahnung haben. Wir wissen nicht, wie es sich anfühlt auf der Straße zu leben. Was viele von uns gemein haben, sind die Vorurteile.

Oder gehst du vorurteilslos durch die Welt? Ich denke, dass das niemand von uns schafft, selbst wenn wir uns das vornehmen. Ich habe mich bei diesem Buch regelmäßig ertappt gefühlt, denn Richard Brox kennt die Vorurteile und spricht diese auch ganz offen an. Ich habe mich selbst hinterfragt: Wie viele Vorurteile habe ich eigentlich? Beschämt stellte ich fest: Mehr, als mir lieb sind.

Ich habe die Hörbuchvariante gewählt, weil ich eine längere Autofahrt vor mir hatte. Und ich muss sagen, dass mich dieses Buch des Öfteren so tief bewegt hat, dass ich eine Pause einlegen musste, bevor ich weiterhören konnte. Weil es so lehrreich war und davon überzeugt bin, dass es eine Bereicherung für alle ist, habe ich mich dazu entschieden, darüber einen Beitrag zu schreiben.e

Was weißt du über Obdachlose?

Wenn wir als Passanten bei einem Obdachlosen vorbeispazieren, warm gekleidet, gut genährt, körperlich und geistig fit, könnten wir dazu neigen, ein Urteil zu fällen.

Doch was wissen wir davon, wie jemand auf der Straße gelandet ist? Was wissen wir überhaupt über Obdachlose?  Meine Antwort auf diese Frage war recht knapp: Ich weiß, dass sie auf der Straße leben, manche von ihnen sehen etwas verwahrlost aus. Man sieht sie öfters betrunken, sie betteln zum Teil, manche riechen nicht so gut. Von der Gesellschaft werden sie an den Rand gedrängt und wenn schon nicht missachtet, so bleiben sie zumindest unbeachtet. Es gibt Obdachlosenheime, Notschlafstellen und Suppenküchen. All diese Einrichtungen sind gut und wichtig! Ich selbst habe Bekannte, die sich im Vinzidorf (Anlaufstelle für Obdachlose in Österreich) engagieren und weiß, dass hier wertvolle Arbeit geleistet wird. Leider zeigt die Erfahrung von Richard Brox, dass zumindest früher einige dieser Notschlafstellen alles andere als menschenwürdig waren. Und auch, wenn diejenigen ohne Wohnung mit Respekt behandelt werden, was weiß man schon darüber, wie viel Würde diesen Menschen noch bleibt. Was wissen wir darüber, wie es ihnen geht, wie sie sich fühlen. Was wissen wir darüber, wie Obdachlose in ihre Situation geraten sind. Die Antwort ist leicht: Die meisten von uns wissen darüber nichts.

Obdachlos

Wir alle haben einen Rucksack zu tragen

Doch Vorsicht! Niemand weiß, was Menschen in ihrem Leben schon erlebt haben! Daher sollte man vorsichtig sein beim (Ver)Urteilen. Wenn wir körperlich und geistig gesund sind und uns die nötigsten materiellen Voraussetzungen zur Verfügung stehen, denken wir gar nicht daran, dass es anderen vielleicht nicht so gut geht. Die meisten von uns stammen aus einer mehr oder weniger normalen Familie. Wobei ich mir sicher bin, dass jede Familie ein bisschen verrückt ist, das ist auch gut so. Vielleicht kommen wir sogar aus einer schwierigen Familie und suchen Verständnis dafür in unserem Umfeld.

Nach den Erzählungen aus der Kindheit und Jugend des Autors bekommt man eine ganz andere Perspektive auf das eigene Leben. Beim Lesen, wie er als Kind bei seinen Eltern und verschiedenen Kinder- und Jugendheimen aufgewachsen ist und was er alles erlebt hat, wurde mir eng ums Herz.

Ich bin nicht leicht zu beeindrucken in dieser Hinsicht, denn ich selbst stamme aus schwierigen Verhältnissen, habe in meiner Jugend viel erlebt und habe daher oft die ‚schlimmen Erlebnisse‘ meiner Mitmenschen mit einem Schulterzucken abgetan.

Obwohl es mir jetzt peinlich ist, habe ich Menschen früher zum Teil verurteilt, weil ich dachte: Warum haben sie ihr Leben nicht im Griff? Warum können sie nicht über diese alten Geschichten hinwegkommen? Warum verwenden sie die Erlebnisse als Ausreden?

Wir alle haben einen Rucksack zu tragen!

Alle Ereignisse lassen sich nicht beeinflussen

Nun sehe ich das anders. Denn erstens sind wir nicht alle aus dem gleichen Holz geschnitzt und verkraften nicht gleich viel. Wir alle haben einen Rucksack mit unserer Vergangenheit zu tragen. Bei manchen ist er leicht, bei anderen tonnenschwer. Zweitens haben nicht alle ihre Traumata mit professioneller Hilfe aufarbeiten können. Manche haben dazu die materiellen Mittel nicht, anderen fehlt die Kraft, wieder andere haben vieles verdrängt und wagen es nicht, diese Dämonen zu wecken oder sie schämen sich ganz einfach.

Ich persönlich habe meine Kindheit mit einer Therapie aufgearbeitet und dachte: Erledigt, abgehakt, fertig. Damals erfüllte es mich mit gewissem Stolz: Ich schaffe das, ich habe das hinter mir gelassen. Doch das Leben hat mich eines Besseren belehrt: Immer wieder gibt es Ereignisse, die Vergangenes aufleben lassen und mich für einen kurzen Moment mit so einer Wucht treffen, dass ich innerlich wanke. Nach Außen merkt man davon nicht viel, denn ich habe gelernt, meine Gefühle für mich zu behalten und den Anschein zu wahren, immer gut drauf zu sein.

Alle Ereignisse lassen sich nicht beeinflussen

Es geht noch viel schlimmer

Jetzt, wo ich dieses Buch gelesen habe, weiß ich zudem auch: Es geht noch viel schlimmer. Nach dieser Geschichte erscheint mir meine eigene als banal. Richard Brox und zahlreiche andere Menschen haben viel mehr Schlimmes mitgemacht! Ich bin beschämt und gleichzeitig dankbar für diese Lehre. Denn nun kann ich, hoffe ich, meine Mitmenschen mit mehr Empathie begegnen und ihnen dies auch zeigen.

Zudem weiß ich die Arbeit der sozialen Einrichtungen für Obdachlose mehr denn je zu schätzen. Das erste Mal im Leben habe ich mich über die Anzahl und das Angebot innerhalb Österreichs informiert.

Auch habe ich meine Auffassung von einem erfolgreichen Leben noch ein großes Stück erweitert. Richard Brox hat nach 30 Jahren auf der Straße eine fixe Wohnung und ist dabei ein Projekt umzusetzen: Die Errichtung eines Obdachlosenhotels. Neben wertvollem Essen sollen dort auch würdige hygienische Verhältnisse und Respekt herrschen. Auch psychologische Betreuung soll den Bewohnern angeboten werden. Ich wünsche Richard viel Erfolg beim Umsetzen seiner Vision!

Fazit

  • Weniger urteilen – über uns selbst und andere!
  • Mehr Empathie und Verständnis für Mitmenschen zeigen. Denn wir können nicht wissen, mit welchem Rucksack sie durch das Leben gehen.
  • Mehr Empathie und Verständnis für uns selbst haben. Es ist nicht selbstverständlich, dass du mit deinem eigenen Rucksack so gut zurechtkommst!
  • Menschen am Rande der Gesellschaft mehr beachten.
  • Mehr Sozialengagement gegenüber sozialen Einrichtungen zeigen.

Ich empfehle dir dieses Buch zu lesen (oder anzuhören)! Du wirst deine Vorurteile hinterfragen und einige von ihnen ganz sicher loswerden! Versprochen.

Ich hoffe, dieser Beitrag macht dich nicht traurig, sondern nur nachdenklich und dankbar für all das, was wir haben und viel zu oft als selbstverständlich annehmen. 

Genieße die Adventzeit und ich wünsche dir wundervolle Weihnachten!

Alles Liebe,

Deine Blanka

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